Ömer Faruk Kan ist 19 Jahre alt und gehört zum Abiturjahrgang 2018. Nach einem kurzen Praktikum am Wilhelmstadt Gymnasium entschied er sich nicht für das Studium des Lehramts, sondern für die Humanmedizin. Wir sprachen mit dem ehemaligen Schüler des Wilhelmstadt Gymnasiums über seine Schulzeit auf dem Campus und darüber, was und wer ihn in dieser Zeit nachhaltig geprägt hat.
Sie besuchten sechs Jahre lange das Wilhelmstadt Gymnasium in Spandau. Können Sie diese Zeit rückblickend beschreiben?
Das ist schwer in Worte zu fassen. Man sagt ja immer ein Bild sagt mehr als tausend Worte. Nur habe ich unzählige Bilder, die ich mit Erinnerungen und Gefühlen verknüpfe, die eine andere Dimension haben.
Aber wenn ich etwas konkretisieren soll, dann will ich die einfachen Dinge nennen: Mit den Freunden in der Schulcafeteria sitzen und plaudern, bekannte Gesichter aus anderen Klassen antreffen und begrüßen, natürlich auch im Unterricht an interessanten Diskussionen teilnehmen und mich an kreativen Gruppenarbeiten beteiligen. Die Lehrerinnen und Lehrer sollten auch nicht unerwähnt bleiben. Ich glaube, erst jetzt kann ich mich bei allen Lehrkräften der Schule, wenn auch nicht persönlich, bedanken, ohne einen opportunistischen Hintergedanken haben zu können.
Das Besondere an der Schule ist die Vernetzung unter Lehrern und Schülern
Meiner Ansicht nach ist das Besondere an der Schule die Vernetzung zwischen den Schülerinnen und Schülern mit den Lehrerinnen und Lehrern. Unsere Beziehung zum Lehrpersonal war immer „anders“, als man es sonst so kennt. Ich bin der Meinung, dass diese gute Beziehung sehr prägend war, da man sich die Worte der Lehrkräfte zu Herzen genommen hat, die verbal oder non-verbal kommuniziert wurden.
Was studieren Sie und wieso haben Sie sich für diesen Studiengang entschieden?
Derzeit befinde ich mich im dritten Semester des Humanmedizinstudiums am Universitätsklinikum Charité Berlin. Mir wurde sehr früh klar, dass die naturwissenschaftlichen Bereiche mich sowohl faszinieren als auch zu meinen Stärken gehören. Dieser Teil war prädestiniert. Jedoch stellte sich die Frage, für welchen Bereich ich mich entscheiden würde und vor allem, welchen Stellenwert die soziale Komponente für mich hatte. Nach Gesprächen mit Freunden, Familienmitgliedern, Lehrerinnen und Lehrern, die mich gut kannten und einen Eindruck von außen wiedergeben konnten, kristallisierte sich die soziale Komponente als mindestens genauso wichtig, wie das Fach an sich. Da ich die Schulzeit als sehr lehrreich und unterhaltsam erlebte, hatte ich am Anfang an das Lehramtsstudium gedacht, das im späteren Beruf diese beiden Elemente vereinen sollte. Nach dem Abitur absolvierte ich ein drei-monatiges Praktikum am Wilhelmstadt Gymnasium. So bot sich mir die Möglichkeit, Vertretungsstunden mitzugestalten und die Schule mal aus der anderen Perspektive, der „Backstage-Perspektive“, zu sehen. Auch wenn ich das Gefühl hatte, dass das Studium und der Beruf als Lehrer mir liegen würden, entschied ich mich für die Alternative „Humanmedizinstudium“. Letzteres erschien mir interessanter und bietet mir Möglichkeiten, damit in Zukunft viele Türen zu Forschung, Klinik und Lehre offenbleiben. Heute meine ich zu wissen, dass das die richtige Entscheidung gewesen ist.
Haben Sie immer noch Kontakt zum Wilhelmstadt Gymnasium?
Das Alumni-Programm, das ehemalige Schülerinnen und Schüler und die Schule verbindet, ist eine super Sache! Dadurch bleibe ich immer ein Teil der Schule und habe mindestens einmal im Jahr die Möglichkeit, bekannte Gesichter zu sehen, worauf ich mich immer wieder freue.
Die Schule zu besuchen steht immer auf dem Programm
Außerdem habe ich, wie bereits erwähnt, nach dem Abitur ein Praktikum an der Schule absolviert. Im Anschluss bekam ich das Angebot, auch mal in den Semesterferien als studentische Hilfskraft in der Schule auszuhelfen. Da das Praktikum für mich nicht nur als „diagnostischer“ Prozess für die Entscheidung eines Studiengangs gewesen war, sondern auch eine Art Hobby, ziehe ich diese Option häufiger in Erwägung. Allerdings muss ich in der Humanmedizin einen hohen Lernaufwand stemmen. Hinzu kommen Prüfungen und Praktika in der vorlesungsfreien Zeit. Trotz alledem steht es auf meiner To-Do-Liste, die Schule, das Personal und die Schülerinnen und Schüler auch außerhalb des Alumni-Programms zu besuchen.
Welche Werte haben Sie aus der Schulzeit mitgenommen?
Trotz der Tatsache, dass einem so eine Frage während der Schulzeit kaum in den Sinn kommt, und die persönliche Entwicklung wenig wahrgenommen wird, ist die Antwort rückblickend mir deutlicher bewusst geworden.
In der Schulzeit tendiert man eher dazu, die Anordnungen der Unterrichtsleitenden als unfair abzustempeln. Im Nachhinein sind die vielen Hausaufgaben des Lehrers/ der einen Lehrerin eine Chance, um Durchhaltevermögen und selbständiges Arbeiten zu erlernen. Die strenge Haltung des Lehrpersonals bietet die Möglichkeit, Selbstdisziplin und Konzentrationsvermögen aufzubauen. Und die unerwartete Notengebung von mancher Lehrkraft ist jene Gelegenheit, sich eine optimistische Haltung aneignen zu können. Was man daraus macht, liegt in den eigenen Händen. Ich habe stets versucht, dieses Potenzial für mich zu nutzen und habe dadurch mehr oder weniger entsprechende Werte mitgenommen.
Neben den Unterrichtspraktiken möchte ich auch noch andere offenkundige Aspekte nennen.
Oft haben die meisten Lehrerinnen und Lehrer mein Interesse geweckt, sodass ich ausnahmslos jedes Fach und beinahe jeden Tag in der Schule genossen habe. Noch heute sprechen wir unter Freunden über die kontrovers diskutierten Debatten. Des Weiteren hat mir jeder Lehrer und jede Lehrerin die Chance gegeben, mich zu verbessern und meine Mühe nicht unbeantwortet zu lassen. Diese auf den ersten Blick unterschätzten Aspekte führten zum wichtigsten Teil der Schullaufbahn: Ich habe in der Schulzeit vor allem gelernt, dass Erfolg, Leidenschaft und Spaß nicht reziprok sind, sondern Hand in Hand gehen.
Wie lautet Ihre Empfehlung an die Schülerschaft, die jetzt am Wilhelmstadt Gymnasium ihr Abitur durchläuft?
Dass das Abitur im Rahmen der Prüfungen auch stressige Seiten hat, ist klar und nachvollziehbar. Ich denke jede schwere Arbeit braucht einen entsprechenden Antrieb, um die Arbeitsphase nicht nur durchzustehen, sondern auch das Gefühl haben zu können, es kontrolliert, selbstsicher und erfolgreich zu absolvieren. Das erspart nicht nur Stress und Energie, sondern gibt dem Leben einen entsprechenden Schwung für die Zukunft, sodass man jeden Berg erklimmen könnte. Deshalb empfehle ich jedem Schüler und jeder Schülerin sich bewusst zu machen, wo man in fünf oder zehn Jahren stehen möchte, um dem Ganzen einen tiefgründigeren Sinn zu verleihen.
Darüber hinaus ist natürlich im Abitur eine angemessene Methodik von essenzieller Bedeutung. Was mir sehr geholfen hat und mir immer noch hilft, ist das Werkzeug des Zeit-Managements. Das Abitur ist eine gute Gelegenheit, von diesem Werkzeug Gebrauch zu machen, es auszuprobieren und zu verfeinern. Im Studium ist Selbstdisziplin und Zeitmanagement der Dreh- und Angelpunkt, auf den es ankommt.
Am Ende möchte ich noch das fast Obligatorische sagen: letztendlich geht es in der Laufbahn immer um Leidenschaft und Spaß. Im Stress-Sumpf des Abiturs beziehungsweise des Studiums sollte das nicht untergehen.